Schattenarbeit nach C.G. Jung
Was du ablehnst, ist das was dich weiterbringt. Aber warum ist das so? Meine Erfahrung.
Heute möchte ich mit dir über das Thema Schatten sprechen.
Vielleicht hast du schon einmal vom Schattenprinzip gehört, das ursprünglich von Carl Gustav Jung stammt – und heute schauen wir uns an, was das mit deinem alltäglichen Leben zu tun hat.
Was ist der Schatten?
Für alle, die das Prinzip noch nicht kennen, hier eine kurze Zusammenfassung:
Jung ging davon aus, dass unsere Psyche aus verschiedenen Anteilen besteht – zum Beispiel der Persona, also der Maske, die wir in der Welt zeigen, dem Selbst, also dem größeren, umfassenden Ich, und eben dem Schatten.
Der Schatten umfasst all die Teile in uns, die nicht sozial akzeptiert sind oder die wir an uns selbst ablehnen.
Das sind oft Eigenschaften, Gefühle oder Impulse, die wir verdrängen, weil wir gelernt haben, dass sie „nicht okay“ sind.
Und genau darin liegt – paradoxerweise – unsere größte Kraftquelle.
Meine erste Begegnung mit meinem Schatten
Ich bin zum ersten Mal so richtig auf das Thema gestoßen, als ich an einem Seminar über bewusste Sexualität teilgenommen habe.
Dort waren zwei Männer, einer davon war der Seminarleiter – und als ich ihn sah, dachte ich nur:
„Was ist das denn bitte für ein Arschloch?“
Ich konnte den Typen nicht ausstehen. Er hatte nichts Schlimmes getan, aber allein seine Art, seine Präsenz, seine Direktheit haben in mir etwas ausgelöst. Ich war innerlich richtig aufgebracht.
Trotzdem blieb ich – weil ich wusste, dass da etwas Wichtiges in mir arbeitet.
Im Laufe des Seminars erkannte ich, was da passiert war:
Der Mann verkörperte eine Qualität, die ich selbst unterdrückt hatte – nämlich Klarheit und Direktheit.
Er war einfach klar: „Das will ich. Das will ich nicht.“ Punkt.
Und ich? Ich war zu dieser Zeit so, wie viele Männer in unserer Gesellschaft: angepasst, konfliktscheu, immer bemüht, es allen recht zu machen.
Ich habe mich nicht getraut, wirklich Mann zu sein – klar zu mir und meinen Bedürfnissen zu stehen.
Die Konfrontation mit dem Schatten
In einer der Übungen des Seminars ging es genau darum:
klar zu sagen, was man will – und was nicht.
Das war für mich damals unglaublich schwer, aber ich habe es gemacht.
Und plötzlich veränderte sich etwas:
Ich spürte diese Klarheit in mir, diese Kraft, die ich vorher in ihm verurteilt hatte.
Als ich ihn am Ende des Seminars wieder traf, war dieses Gefühl von Ablehnung komplett verschwunden.
Ich konnte ihn neutral sehen – weil ich diese Qualität in mir integriert hatte.
Was ich in ihm abgelehnt hatte, war in Wahrheit ein Teil von mir, den ich nicht leben wollte.
Weitere Begegnung mit dem Schatten
Ein ähnliches Erlebnis hatte ich später, als ich mit einer Gruppe arbeitete, die eine sehr kraftvolle Form des Hatha Yoga praktiziert.
Diese Menschen verkörperten Härte, Struktur und Disziplin – Qualitäten, die mir damals total fremd und unsympathisch waren.
Ich kam aus einer sehr gefühlvollen, „hippimäßigen“ Szene, voller Weichheit und Herzöffnung.
Also dachte ich zuerst:
„Boah, was sind das für unsensible Typen?“
Aber ich wusste: Die Praxis funktioniert. Also blieb ich dran.
Und mit der Zeit merkte ich: Je mehr ich selbst diese Qualität von Klarheit und Stärke in mir entwickelte, desto weniger Ablehnung hatte ich gegenüber diesen Menschen.
Ich musste sie nicht mehr verurteilen – weil ich diese Energie selbst integriert hatte.
Spannend war:
Plötzlich hatten andere Menschen aus meinem alten Umfeld ein Problem mit mir – weil ich nun Qualitäten lebte, die sie selbst ablehnten.
Das Prinzip in Beziehungen und im Alltag
Das ist genau das Prinzip des Schattens:
Was wir in uns ablehnen, lehnen wir im Außen ab.
Was wir in uns nicht anschauen, bekämpfen wir im anderen.
Wenn wir aber den Mut haben, diese Anteile zurückzuholen, verlieren sie ihre Macht über uns.
Deshalb: Wenn dich jemand richtig triggert, wenn du denkst, „Boah, der nervt mich so richtig!“, dann frag dich:
„Welche Qualität in ihm lehne ich da eigentlich ab – die vielleicht auch in mir steckt?“
Denn solange da noch eine emotionale Reaktion ist – egal ob starke Ablehnung oder übertriebene Bewunderung – steckt da etwas, das du in dir selbst noch nicht integriert hast.
Der Schatten als Weg der Kraft
Das ist auch der Unterschied zur sogenannten Licht-und-Liebe-Spiritualität, die nur das Helle, das Positive will.
Der Schattenweg geht tiefer.
Er führt uns auch in die unangenehmen Gefühle – Wut, Scham, Zorn, Lust, Trauer.
Und wenn wir den Mut haben, diese Aspekte anzuschauen und zuzulassen, verlieren sie ihre destruktive Kraft und verwandeln sich in Lebensenergie.
Ein empfehlenswertes Buch dazu ist übrigens „Das Schattenprinzip“ von Rüdiger Dahlke – ein echter Klassiker.
Fazit
Wenn dich etwas an deinem Partner, deiner Partnerin oder anderen Menschen nervt, dann schau genauer hin.
Oft steckt dahinter eine Qualität, die du selbst nicht lebst – oder die du dir vielleicht sogar wünschst.
Hab also den Mut, dich deinem Schatten zuzuwenden.
Erkenne die Anteile in dir an, die du vielleicht jahrelang weggedrückt hast.
Löse dich von den Erwartungen, die Gesellschaft, Eltern oder Lehrer an dich gestellt haben – und nimm dich in deiner ganzen Tiefe und Kraft an.
Denn die Gesellschaft will, dass du funktionierst.
Aber deine Seele will, dass du ganz wirst.
Und dazu gehören auch Wut, Zorn, Lust, Klarheit, Stärke – alles, was du bist.
Wenn du aufhörst, das zu unterdrücken, verlierst du nichts – du gewinnst dich selbst zurück.
Wenn du mehr darüber erfahren möchtest:
Unter dem Video findest du den Link zur Website, wo du mit mir in Kontakt treten kannst.
Dort findest du auch die Community – sie ist aktuell noch kostenlos – mit vielen Männern, die diesen Weg ebenfalls gehen.
Ich wünsche dir einen wunderschönen Tag oder Abend – je nachdem, wann du das siehst.
Hab Mut, deinen Schatten zu umarmen.
Bis zum nächsten Mal.